Volume 8, issue 2 (spring 2001)
Neue Funde im Kloster der Syrer
Fresken und Inschriften und ihr Beitrag zur
Kenntnis der Geschichte der Syrisch-Orthodoxen Kirche
von Isa Tozman
Zusammenfassung eines Vortrags von Prof. Dr. Lukas
Van Rompay (9. 2. 2000 an der Freien Universität, Berlin)
In der Wüste, zwischen Kairo und Alexandria am
Wadi al-Natrun gelegen, findet sich ein einzigartiges Überbleibsel
christlicher Entwicklungsgeschichte: das Deir al-Surian (Klöster
der Syrer).
Schon zu den Zeiten des frühen Christentums knüpften die
Patriarchen von Alexandria und Antiochia starke Bindungen
untereinander. Die altehrwürdige Tradition der christlichen Kopten
Ägyptens unter dem Patriarchat von Alexandria wurzelt in den
Anfängen des Christentums. Aus Ägypten stammen die Regel des
monastischen Lebens in den Klöstern.
Von den Vätern der Wüste -wie dem heiligen Antonius- an
ihre Schüler weitergereicht, verbreitete sich diese Art der
Dienerschaft Gottes um die gesamte christliche Welt.
Die Geschichte des Klosters der Syrer reicht bis ins 6. Jahrhundert
nach Christi. Seine überragende Bedeutung erlangte es durch die
Tatkraft syrisch-orthodoxer Mönche im 8. Jahrhundert, die hier
eine umfangreiche Bibliothek zusammenstellten, mit daran
geknüpfter Schrift- und Lesearbeit.
Von der nunmehr islamischen Außenwelt abgeschieden entwickelte
das Kloster, wie neue Funde von Fresken vermuten lassen, eine für
damalige Gegebenheiten bewundernswerte Verwendung. Die Hitze eines
Brandes nahe des Altars sprengte den Putz von einer Mauer der
Klosterkapelle. Dahinter kamen syrische sowie koptische Fresken und
Inschriften zum Vorschein, deren Freilegung noch andauert.
Nach Professor Van Rompay und seinem Stab von Restauratoren belegen
die Funde die zeitweilige, zugleich von syrisch-orthodoxen und
koptischen Mönchen erfolgte Nutzung des Deir al-Surian.
Auch den Geschichts- und Religionswissenschaftlern, die dem Vortrag
des Historikers folgten nach, stellt die gemeinsame Verwendung eines
Klosters durch Anhänger verschiedener, kirchenrechtlicher
Zugehörigkeiten ein Unikum dar, im Orient wie in Europa.
Die Kunsthistoriker und Orientalisten unter den Anwesenden vermochte
Professor Van Rompay als versierter Kenner und Übersetzer
syrisch-aramäischer Serto- und Estrangeloschriften mit einer
Entdeckung in Erstaunen zu versetzen, die eine Richtigstellung der
orientalischen Kunstgeschichte erforderlich macht. Im Kloster der Syrer
findet sich nämlich eine in Estrangelo geschriebene, um die eigene
Achse spiegelnde Wandinschrift. Bisher entsprach es der allgemeinen
Überzeugung, daß dieser Kunstgriff der Kalligraphie erst
später von arabischen Schreibern erdacht wurde. Die Inschrift im
Kloster belegt jedoch das Gegenteil. Sie gilt als ältester, noch
erhaltener Beleg dieser Finesse der Schreibkunst syrisch-orthodoxer
Kalligraphen, lange vor ihrer Übernahme durch arabische
Schreiber.
Auch andere nachweislich aus dem Tur 'Abdin stammende Schätze
von besonderem Wert sind im trockenen Wüstenklima bis heute
erhalten geblieben: syrische Manuskripte des 9.-16. Jahrhunderts. Ihrem
Alter entsprechend befinden sich diese wertvollen Schriften leider in
einem Zustand fortschreitenden Zerfalls. Gegenwärtig befaßt
sich Professor Van Rompay und seine Arbeitsgruppe auch mit der Sichtung
und Konservierung dieser 900 kunstvollen Schriften der
Klosterbibliothek, die nicht nur in Serto oder dem älteren
Estrangelo, sondern auch in äthiopisch, koptisch und arabisch
verfaßt sind.
In der sich dem Vortrag anschließenden Diskussion wußten
einige Zuhörer zu berichten, daß die gegenseitigen
Beziehungen zwischen den Klöstern der Kopten und dem Tur 'Abdin
besonders fruchtbar waren.
So geht die Gründung eines Klosters im Tur
'Abdin, dessen Umfang die heutigen Ruinen nur erahnen lassen, auf den
Klostergründer Mor (Sankt) Augen, mit dem Beinamen der Kopte,
zurück. Die Annalen des Klosters Mor Gabriel verzeichnen für
das sechste Jahrhundert die Ankunft von 800 Pilgern aus Ägypten,
welche schließlich zu Mönchen wurden und im Kloster eine
Friedhofskapelle -die Kapelle der Kopten-errichteten. Bis zum heutigen
Tage tauschen die Patriarchen der Kopten und Suryoye bei ihrem
Amtseintritt die Glaubensbekenntnisse aus, im Kanon der lebenden
Väter werden u.a. beide Patriarchen mit in die Gebete
einbezogen.
Links
This article is originally published at http://www.suryoyo-online.org/syrstudy/syrerkloster.htm
Another article about this find is 'Deir al-Surian
(Egypt): New Discoveries of January 2000', in: Hugoye: journal of
Syriac studies, Vol. 3, no. 2 (July 2000), available at http://syrcom.cua.edu/Hugoye/Vol3No2/HV3N2PRInnemee.html
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